Geposted 03.05.2022 (Bearbeitet am 18.05.2022)

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Die Farbe der Provence

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Die Landschaften der Provence haben nicht nur zahlreiche französische Künstler wie Paul Cézanne fasziniert, sondern ziehen mit ihrem besonderen Licht und kräftigen Farben noch heute jeden Besucher in ihren Bann. Die Farbe, mit der viele die Region verbinden, ist das Lila der blühenden Lavendelfelder im Sommer. Doch auch das helle Türkis des Meeres sowie das Gelb der Sonnenblumen, die Vincent van Gogh in Arles malte, sind bekannte Farben der Provence. Nicht weit von dort bestimmt jedoch in der Gebirgskette Luberon ein ganz anderer Farbton das Bild: Ocker.

Der Naturpark Luberon

Der Naturpark Luberon

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Wenn die Felsen, Hügel und Gesteinsformationen im Sonnenlicht in Rot, Gelb und Orange erstrahlen, wirkt die Landschaft fast wie in einem Wildwestfilm. Doch die Ockerberge befinden sich weder in den USA noch auf dem Mars, sondern in Südfrankreich, etwa vierzig Kilometer östlich von Avignon, im Naturpark Luberon. Der leuchtende Landstrich, der von der UNESCO zum Global Geopark und Biosphärenreservat erklärt wurde, erstreckt sich inmitten von Kirschbäumen, Olivenhainen und Weinbergen entlang des Luberon-Gebirges. Die außergewöhnlichen Felsen setzen sich aus Ton, Quarz und Oxiden zusammen und sind entstanden, als die Provence vor über zweihundert Millionen Jahren noch mit Wasser bedeckt war. Jahrelang wurde der Ocker ab dem 18. Jahrhundert bis in die Nachkriegszeit in Stollen abgebaut, die heute noch besichtigt werden können. Er wurde anschließend als Baustoff und für Malerfarben verwendet - denn das Gestein bringt mehr als 24 Farbtöne hervor, von sanftem Geld bis zu intensivem Rotbraun. Wer Lust hat, diese bunte Region zu erkunden, sollte unbedingt alte Kleidung einpacken, denn der kräftige Farbstoff ist schwer zu entfernen!

Die Ockerstadt Apt

Die Ockerstadt Apt

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In Apt liegt die letzte Ockerfabrik, die in der Gegend noch in Betrieb ist. Dort gibt es alles zu kaufen, was mit Ocker zu tun hat - von Kosmetik bis Künstlerbedarf. Außerdem befindet sich im Zentrum der malerischen Kleinstadt die Keramikwerkstatt der Familie Rigo, die seltene ockerfarbene Fayencen herstellen. Doch nicht nur die besondere Keramik, sondern auch die mit Ocker produzierten Farben sind mittlerweile wieder sehr gefragt. Vor allem Maler und Dekorateure wenden sich gerne an traditionelle Betriebe wie die Farbhandlung der Chauvin in Apt, die verschiedene Farbtöne in ganz Europa verkauft. Besonders Künstler sind von den eindrucksvollen Gelb- und Rottönen, die aus Naturocker gemischt werden, fasziniert. Apt eignet sich besonders gut als Ausgangspunkt für eine Tour durch die Ockerlandschaft. Entlang der rund 50 Kilometer langen Route "Les Ocres à vélo" machen sich von hier aus viele Reisende per Fahrrad auf den Weg.  

Die Ockersteinbrüche von Bruoux

Die Ockersteinbrüche von Bruoux

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Wer besonders sportlich unterwegs ist, kann sich von Apt aus sogar Richtung Süden auf eine Klettertour an den Kalksteinfelsen von Buoux begeben. Kehrt ihr jedoch Buoux den Rücken zu und bleibt im Ockerland, wartet nördlich von Apt ein Abenteuer mit ähnlichem Namen: "Les Mines de Bruoux", die Ockerminen von Bruoux. Sie liegen nahe der Gemeinde Gargas und ziehen sich auf insgesamt vierzig Kilometern durch das Erdreich. Hier bauten Bergleute einst 40.000 Tonnen Ocker pro Jahr ab. Die dabei eingesetzte Technik wird im dazugehörigen Museum erklärt. Für die Besichtigung des Stollensystems bekommt man einen Sicherheitshelm und wird anschließend durch den ockerfarbenen Berg geführt, wo Temperaturen um die zehn Grad herrschen. Es empfiehlt sich also, eine Jacke mitzunehmen! Nach Stilllegung der Steinbrüche wurde die Kälte in den Gängen zwischenzeitlich von den einheimischen Bauern genutzt: Die Stollen boten perfekte Bedingungen, um Champignons für den Markt in Paris zu züchten.

Der Ockerlehrpfad in Roussillon

Der Ockerlehrpfad in Roussillon

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Der wohl berühmteste Ort im Ockerland ist Roussillon, ein reizendes kleines Dorf am Fuße des Luberon-Massivs mit typisch orangenen Häuserfassaden. Hier befindet sich "le Sentier des Ocres", der Ockerlehrpfad. Auf einem Rundweg durch die Ockerbrüche kann man durch die roten Felsen wandern, die einen atemberaubenden Kontrast zu den Grüntönen der Bäume und zum blauen Himmel bilden. Wer gerne fotografiert, geht am besten am späteren Nachmittag los, denn dann wirken die Farben und das Licht besonders schön. Da Roussillon wie die meisten Dörfer im Luberon auf einer Anhöhe errichtet wurde, findet man auch entlang des Ockerpfads zahlreiche Aussichtspunkte, die einen Blick über die wunderschöne Region ermöglichen. Gleichzeitig kann man sich dank der Beschilderung über spezielle heimische Pflanzen sowie über die Geschichte des Ockerabbaus informieren. Wer danach noch mehr wissen will, der kann das Conservatoire des Ocres et de la Couleur von Roussillon besichtigen, eine ehemalige Ockerfabrik. Wo einst Farbe gewonnen wurde, können heute Veranstaltungen und Ausstellungen besucht werden. Zwischen den alten Maschinenanlagen, wo sich Künstler ihre Ateliers eingerichtet haben, werden außerdem Workshops angeboten, für alle, die die Ockerpigmente auch praktisch anwenden wollen.

Das provenzalische Colorado

Das provenzalische Colorado

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Weiter westlich bei Rustrel liegt das provenzalische "Colorado". Die Gegend wird so bezeichnet, weil man tatsächlich meint in dem US-Bundesstaat gelandet zu sein, wenn man im Schatten des Pinienwaldes parkt und dann die Felsen erblickt, die in zahllosen gelben, orangenen, roten und braunen Ockerschattierungen leuchten. Hier gibt es einen weiteren Ockerbruch, noch größer als derjenige in Roussillon. Begibt man sich auf einen der zahlreichen Wander- und Fahrradwege, beginnt eine wahre Zeitreise: Alte Maschinen, Backsteinhütten, Rohrleitungen und Schlämmbecken zeugen vom Ockerabbau in vergangener Zeit, während ein kleines Aquädukt, das in den Felsen gesammelte Wasser zum Dorfbrunnen leitet. Kinder zeigen sich besonders beeindruckt von den Gesteinsformationen - die Ockerhügel eignen sich eben perfekt als Abenteuerspielplatz und nach dem Spielen sieht jeder lustig aus, so als wäre er in einen orangenen Farbtopf gefallen! Deshalb ist es auch um einiges entspannter, wenn man daran denkt den Tipp mit der alten Kleidung zu beherzigen, denn die Ockerfarbe ist hartnäckig.