Geposted 21.09.2016

#Ausgefallenes #Deutschland

Nazirelikt als Ziel für Luxusreisen

Der "Koloss von Rügen", eines der größten Überbleibsel der Nazizeit, wird zum Luxusziel für Touristen. So kann man Geschichte einfallsreich und ertragreich nutzen.

Erholung und Indoktrinierung

© Martin Schlecht/123RF

Das gewaltige Gebäude liegt an der baltischen Küste bei Prora auf Rügen und wurde 1936 im Auftrag der "NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude" als Freizeitanlage für Parteimitglieder und solche, die noch überzeugt werden mussten, errichtet.

20.000 Urlauber sollten in dem heute unter Denkmalschutz stehenden Komplex untergebracht werden können, um sich dort zu erholen, um indoktriniert und auf den bevorstehenden Krieg vorbereitet zu werden.

Ehrgeizige Pläne

Tatsächlich sollten ursprünglich fünf solcher Bäder an verschiedenen Orten errichtet werden, doch dies ist das Einzige, mit dessen Bau jemals begonnen wurde. 11 Architekten nahmen an dem ausgeschriebenen Wettbewerb Teil, der bestimmen sollte, wer den Auftrag zur Konstruktion des Bades bekommen sollte. Vorgabe war, dass alle Zimmer Meerblick haben und die Festhalle 20.000 Menschen beherbergen kann. Angeblich hat Hitler selbst die Wahl getroffen und sich für den Entwurf von Clemens Klotz entschieden.

Hitler hatte große Pläne für das "KdF-Bad der Zwanzigtausend", aber der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verhinderte die vollständige Fertigstellung des Baus. 10.000 Zimmer konnten vor Kriegsbeginn fertiggestellt werden, jedes davon ausgestattet mit zwei Betten und Waschmöglichkeiten. Kino und Theater stehen leer und mit der Konstruktion von Schwimmbad und Festsaal wurde nicht einmal begonnen.

Ein historisch bedeutsames Bauwerk

© Martin Schlecht/123RF

Trotz seines unfertigen Zustandes hat das Gebäude schon einiges an Geschichte erlebt. Zunächst wurden hier Polizeibataillone, anschließend Mädchen und Frauen zu Nachrichtenhelferinnen ausgebildet, ehe 1944 ein Lazarett eingerichtet wurde. Nach Kriegsende wurde das "KdF-Bad" zu einem Flüchtlingslager umfunktioniert, dann als Kaserne für die rote Armee genutzt ehe es an die Bundeswehr übergeben und zum militärischen Sperrgebiet wurde.

Heute ist in Teilen des Komplexes ein Dokumentationszentrum untergebracht, welches von der Stiftung NEUE KULTUR betrieben wird. In europaweiter Zusammenarbeit wurde eine Dauerausstellung eingerichtet, welche die staatliche Organisation der Freizeit und deren Einbindung in machtpolitische Vorgänge aufklären soll. Zudem gibt es Wechselausstellungen zu unterschiedlichen Themen.

Eine Totalveränderung

© Marianne Mayer/123RF

Entgegen der Bemühungen des Vereins NEUE KULTUR ist das Gelände zum größten Teil in Privatbesitz übergegangen und entwickelt sich derzeit zu einem Touristenziel. Immerhin liegt das aus acht Blöcken bestehende Gelände direkt am Strand des Baltischen Meeres.

Einer der Blöcke wurde 2011 in eine Jugendherberge verwandelt. Blöcke eins bis vier sind mittlerweile zu Hotels, Ferienwohnungen, Wellnesseinrichtungen und Sportanlagen umgebaut worden.

Nach Renovierungsarbeiten in einem Rahmen von etwa 90 Millionen Euro sind dort luxuriöse Wohnungen entstanden, die eines Spa-Bereichs, Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten nicht entbehren. Diese Appartements wurden wiederum an Privatpersonen veräußert. Und der Erfolg spricht für das Unternehmen, denn 95% der Wohnungen wurden bereits verkauft. Die Preise schwanken dabei zwischen 350.000 und 650.000 Euro. Auch heute noch weiß man offenbar die Lage und den Meerblick von Prora zu schätzen.