Geposted 16.11.2016

#Gesellschaft #Italien

Venedig - eine Stadt nur für Touristen?

Das schöne Venedig - mit seinen kleinen Gassen, Kanälen, berühmten Brücken und dem italienischen Flair ist es schon lange eines der meist besuchten Touristenziele. Doch was ist mit den Einheimischen? Gibt es die überhaupt? Wir gehen der Sache auf den Grund...

Ist Venedig trotz des Touristenansturms eine Geisterstadt geworden?

© jakobradlgruber/123RF

Zumindest in Filmen wie Donna Leon oder Herr der Diebe gibt es sie noch - Einheimische in Venedig. Doch die Realität sieht anders aus: Wenn man als Tourist durch die Gassen Venedigs streift und nicht nur auf die Rialto-Brücke und die Gondeln achtet, merkt man, dass man von einer unglaublichen Vielfalt von Nationalitäten umgeben ist. Nur eine fehlt leider, die der Einheimischen.

Stellen Sie sich vor, es gäbe keine Touristen mehr in Venedig. Die Vorstellung ist gruselig? Dann verstehen Sie jetzt, warum "die schwimmende Stadt" immer öfter Geisterstadt genannt wird. Tatsächlich leben im Zentrum nur noch 55,000 Einwohner. Im Vergleich mit den 80,000 Touristen, die täglich die Lagunenstadt besuchen, ist dies erschreckend wenig.

Noch erschreckender ist die Einwohnerzahl, wenn man bedenkt, dass vor circa 60 Jahren mehr als dreimal so viele Menschen in Venedig gewohnt haben. Vor allem die junge Generation zieht es immer häufiger aus der Stadt heraus. Es ist also nicht verwunderlich, dass fast die Hälfte der Venezianer über 60 Jahre ist.

Ein Grund für diesen "Venexodus", wie es Matteo Secchi von der Organisation Venessia.com ausdrückt, sind die steigenden Lebenshaltungskosten, die durch den Touristenboom ausgelöst werden. Somit helfen die Einnahmen durch Touristen zwar Vermietern und Hoteliers, sind aber eine Bedrohung für die finanzielle Lage der Einheimischen. Mit einer Prozession von der Rialto-Brücke zum Rathaus wollte Venessia.com am Samstag auf dieses Problem aufmerksam machen. Dafür hielten sie auch Koffer in die Luft - einserseits Zeichen für zu viel Tourismus, andererseits Symbol für den Auszug aus Venedig.

Die gute Nachricht: Die Kulturorgansiation UNESCO hat bereits ein Auge auf Venedig geworfen und damit gedroht, die Lagunenstadt auf die Liste der bedrohten Kulturgüter zu setzen. So versprechen sie sich und den Bewohnern eine Begrenzung der Besucherzahlen.

Nun bleibt die Frage: Was sieht man denn dann als Tourist, wenn man Urlaub in Venedig macht? Ist es nur eine touristische Fassade oder versteckt sich irgendwo noch das authentische Venedig, das man als Tourist erwartet? UNESCO hat schon 2015 berichtet: "Der ständig steigende Tourismus dominiert und verdeckt die traditionelle städtische Gesellschaft der historischen Stadt." Ob dies aber für alle Touristen gilt, ist jedem selbst überlassen, denn vielleicht ist auch genau das die Authentizität von Venedig: Die Schönheit des Markusplatzes, die venezianischen Masken und das Gesamtbild der schwimmenden Stadt.