Geposted 30.12.2016

#Kultur #Deutschland

Warum die Briten nichts mit "Dinner for One" anfangen können

Morgen ist es wieder soweit - der arme James wird sich 26 Mal im deutschen Fernsehen betrinken müssen und der Satz "The same procedure as every year" wird in jedermanns Munde sein. Zumindest in Deutschland. Doch was ist eigentlich mit den Engländern? Warum sind es die Deutschen, die jedes Jahr an Silvester über Dinner for One lachen, und nicht die Briten?

Dinner for One und Feuerwerk - essentiell für das deutsche Silvester

© berlinimpressions/123RF

Dinner for One oder der 90. Geburtstag ist eine Fernsehproduktion des NDR aus dem Jahre 1963. Es handelt sich dabei um einen 18-minütigen Sketch des englischen Komikers Freddie Frinton unter der Regie von Heinz Dunkhase. Doch warum lachen die Deutschen jedes Jahr aufs Neue über einen Sketch, der noch dazu auf englisch ist? Und warum ist die Produktion in Großbritannien größtenteils absolut unbekannt?

Der Lachforscher Prof. Rainer Stollmann aus Bremen will nun herausgefunden haben, dass dies mit der deutschen Vergangenheit zu tun hat. Denn in dem Stück wird bekanntlich eine etwas groteske Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten hergestellt - und somit zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Schließlich feiert Miss Sophie ihren 90. Geburtstag mit ihren toten Freunden und lässt die Vergangenheit wieder aufleben, indem sie vorgibt, sie seien noch am Leben.

Nach Stollmann bringt das in den Deutschen unbewusst die Erinnerung an das Dritte Reich hervor. Da viele Deutschen noch immer niemals bewusst über die Nazi-Zeit lachen würden, nutzt das Unterbewusstsein Dinner for One als Chance, diesem "Verbot" entgegenzuwirken. Der Lachforscher sieht darin auch den Grund, warum Dinner for One immer weniger Einschaltquoten besitzt - schließlich spielt vor allem für die jüngere Generation das Dritte Reich eine immer geringere Rolle.

Immerhin würde diese Theorie erklären, warum die Briten Dinner for One als nichts anderes als einen mittelmäßig-witzigen Sketch und - wenn sie es überhaupt kennen - nicht als Kultfilm sehen. Wurde der deutsch-englische Klassiker denn jemals in England ausgestrahlt? Darüber gibt es viele Gerüchte und immer wieder will ein "Dinnerologe" einen Beweis gefunden haben, dass es tatsächlich einmal im britischen Fernsehen zu sehen war.

Doch der NDR-Filmemacher Christian Breidert hat in seiner Dokumentation 2007 endgültig nachgewiesen, dass es keine einzige öffentliche Ausstrahlung gab. Auch der Filmproduzent Jon Plowman ist sich sicher, dass das britische Fernsehen niemals Interesse an einem schwarz-weißen Sketch über Tote haben würde