Gänge, Gesten, Gastgeber: Was Sie beim Essen zu Besuch bei unseren europäischen Freunden beachten sollten

Praktische Reisetipps


Essen Sie etwa Ihre Spaghetti mit Löffel, oder haben Sie sich grade am Tisch die Nase geschnäuzt? Bei Essensgewohnheiten hört für viele der Spaß auf, und wenn Sie nicht aufpassen, werden Ihnen im nächsten Urlaub solche Bemerkungen oder sehr viel mehr sagende Blickende begegnen. In unseren Nachbarländern lauern hinter Sitten und Bräuchen rund ums Essen so einige Fettnäpfchen, in die Sie lieber nicht rein treten möchten.

Fangen wir mit einem nicht ganz so ausgefallenen Land an: Luxemburg. Hier gibt es nicht übermäßig viel zu beachten, denn Nähe schafft Gemeinsamkeiten - das Essen von Deutschlands kleinem Nachbarn unterscheidet sich nicht allzu sehr von unseren Gewohnheiten. Doch es gibt eine Kuriosität, die Sie am besten einfach ignorieren, wenn Sie Ihnen widerfährt: Bestellen Sie in einem Café einen Kuchen, wird Ihnen immer ein Messer dazu serviert. Irritierte Blicke oder gar ein dankendes Ablehnen des Messers kann schnell auf Unverständnis und Ärger beim Kellner führen, denn in Luxemburg ist das Messer zum Kuchen einfach ein Muss. Auch wenn Sie es nicht benutzen möchten, lassen Sie es einfach unkommentiert neben sich liegen.

Baguette? Weg mit dem Messer!

Weiter geht es zu den Franzosen. Bleiben wir direkt beim Baguette, an das Sie wahrscheinlich sowieso schon längst gedacht haben. Es ist das typische Essen in Frankreich, und es hat natürlich seine strengen Regeln. Wenn wir Deutschen nun vor so einem ellenlangen Baguette sitzen, greifen wir normalerweise direkt zum Messer und schneiden es auf, doch Halt! Das geht in Frankreich überhaupt nicht, hier bricht man das Baguette. Es mit dem Messer zu bearbeiten, würde jedem Franzosen höchst seltsam erscheinen und Sie würden einige missbilligende Blicke ernten. Außerdem zu beachten ist das Mittagessen, das hier sehr geschätzt wird. Das zeigt sich auch an der Länge der Mittagspause: Während wir in Deutschland vielleicht gerade einmal eine halbe Stunde haben, um unser Butterbrot (Graubrot, natürlich) zu verschlingen, dauert die Pause in Frankreich mindestens eine Stunde. Das Essen beginnt normalerweise ab 12.30 Uhr und kann bis 14 Uhr andauern. Höflichkeitsfloskeln zu Tisch sind äußerst beliebt, also immer schön ein "Bon appétit" (oder umgangssprach "Bon app'!") wünschen, und am Ende ein "On a bien mangé" (Das heißt so viel wie "Das war lecker!").

Mehr als Köttbullar!

Etwas anders wird es weiter gen Norden. Das schwedische Essen assoziieren die meisten Deutschen mit Köttbullar und Preiselbeerkompott à la Ikea. Doch die schwedische Küche hat durchaus mehr zu bieten, neben vielen Fleischgerichten gibt es zahlreiche Fischspezialitäten. Bei den Getränken gilt es, einige Besonderheiten zu beachten. Was den Alkohol angeht, so ist der Konsum ganz anders als wir ihn kennen: Getränke mit mehr als 3,5 Prozent Alkoholgehalt werden nur an staatlichen Verkaufsstellen vertrieben, im Supermarkt werden Sie also außer sehr leichtem Bier nichts finden. Dafür lieben die Schweden Kaffee umso mehr - in Cafés darf er nach einmaligem Bestellen beliebig oft nachgefüllt werden. Und das tun Sie selber, denn in schwedischen Cafés ist generell Selbstbedienung angesagt. Zum Bestellen und Bezahlen also nicht ewig am Platz warten, sondern zur Theke gehen.

Aufgepasst vor dem englischen Frühstück

Die Schweden lieben Kaffee, die Engländer lieben Tee - und das zu jeder Tageszeit. Ob morgens, vormittags, mittags, nachmittags oder auch mitten in der Nacht, wundern Sie sich nicht über diese kleine Besonderheit. Die Tea Time ist den Engländern heilig und fest in ihrer Kultur verankert. Ansonsten haben die meisten Deutschen kein allzu positives Bild von der englischen Küche, doch wie sagte der englische Literat Somerset Maugham? ?Alles was man tun muss, ist dreimal täglich frühstücken!? Und dann ist man wirklich pappensatt, denn das englische Frühstück ist in seiner Ausgiebigkeit nicht mit dem deutschen zu vergleichen. Es reicht von Rührei und Tomaten über Würstchen und Speck bis hin zu Bohnen, Kartoffelecken und Black Pudding. Wenn Sie also in England zum Frühstück verabredet sind, bereiten Sie sich auf eine ausgedehnte, deftige Mahlzeit vor.

Naseschnäuzen = Rülpsen?

Tee ist auch in der türkischen Küche beliebt, normalerweise gibt es vor jedem Essen einen zur Begrüßung. Beim Essen kann man die Gunst des Gastgebers auf sich ziehen, wenn man einen ordentlichen Appetit hat - der ist in der Türkei gerne gesehen. Daher wird Ihnen auch immer weiter nachgereicht, sollten Sie wirklich nicht mehr können, legen Sie Ihr Besteck deutlich vom Teller weg. A propos Besteck: Das sollten Sie in der rechten Hand halten, die linke Hand gilt als unrein. Ein weiteres No-Go: Naseschnäuzen am Tisch! Was bei uns ganz selbstverständlich und unspektakulär betrieben wird, ist in der Türkei höchst unangebracht - es bedeutet in etwa dasselbe wie für uns ein lauter Rülpser und wird für dementsprechend entgeisterte oder auch peinlich berührte Blicke sorgen.

Siesta über alles

Die französische Mittagspause ist nichts im Vergleich zur spanischen Siesta. Sie ist den Spaniern heilig, fast jedes Geschäft schließt in der Regel zwischen 13.30 Uhr und 16.30 Uhr. An diesen Zeiten merken Sie vielleicht schon, dass hier alles etwas später als für uns gewöhnlich stattfindet. So auch das Abendessen, das frühestens um 21 Uhr beginnt. Genießt man die leckeren Tapas, ist es üblich, sie im Stehen an der Theke zu verspeisen. Außerdem sollten Sie die Privatsphäre beachten - auch wenn wir die südländische Mentalität sofort mit Offenheit und Gastfreundschaft in Verbindung bringen, ist es höchst unfreundlich, sich an einen schon halb besetzten Tisch zu setzen. Beim Bezahlen sollten Sie nicht nach getrennten Rechnungen fragen, das wird ebenfalls nicht gerne gesehen.

Pasta e Caffè - gewusst wie!

Italien - Pasta und Basta! Hier dreht sich alles um die Nudel, doch wenn Sie nicht aufpassen, werden Sie sofort als unwissender Tourist entlarvt. Die Spaghetti auf den Löffel aufrollen, wie wir Deutschen es so gerne machen, auf diese Idee würde kein Italiener kommen. Noch schlimmer: Sie mit dem Messer klein schneiden. Außerdem sind die Nudeln, die für uns meistens die hauptsächliche Mahlzeit sind, für die Italiener eher die Vorspeise, auf die ein weiteres Gericht folgt. Übernehmen Sie sich also nicht, so schwer das bei der leckeren italienischen Pasta auch ist! Pasta und...Kaffee! Auch das Lieblingsgetränk der Italiener hat seine eigenen Gesetze. So hat jede Kaffeesorte ihre eigene Zeit: Nach dem Aufstehen ein starker Espresso zum Wachwerden, zum Frühstück ein Cappuccino zum Schlemmen und ab mittags dann nur noch der kleine Schwarze, der bis in den späten Abend getrunken wird.

Nun wissen Sie über die auffälligsten Eigenarten unserer europäischen Nachbarn Bescheid und sollten für den nächsten Besuch im Restaurant oder Café bestens gewappnet sein. Natürlich gibt es darüber hinaus in den einzelnen Ländern noch viele weitere Besonderheiten, aber würde man die im Vorhinein alle schon kennen, wäre es ja langweilig. Also, auf ins kulinarische Abenteuer!
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