Geposted 08.10.2013 (Bearbeitet am 13.01.2016)

#Kultur #Brasilien

Die WM der Gewalt - Rio de Janeiro greift hart durch

Erneute Schlagzeilen um Rio de Janeiro. Wo zuletzt ein Roboter den Kot wegputzte, kommen nun die Panzer. Rio de Janeiros Armenviertel, die sogenannten "Favelas", werden von Drogenbanden und Mafia-ähnlichen Gruppen regiert. Nun möchte die Regierung wieder die Oberhand bekommen und lässt Panzer, Soldaten und die Polizei in die Favelas einmarschieren. Am Sonntag traffen in Lins und Camarista Méier ca. 700 Sicherheitskräfte ein. Nach 50 Minuten war das Gebiet besetzt.

DER TOD AMARILDOS ALS SYMBOL DER POLIZEIHERRSCHAFT

Ziel des Projekts sei es, zwei Polizeireviere der "Einheit der Friedenspolizei" zu stationieren. Damit wären es alleine 36 Reviere in den 300 Slums der Stadt. Sie wollen die Kontrolle zurückgewinnen und die Banden vertreiben. Doch die "Friedenspolizei" verbreitet Schrecken: Bekannt wurden sie wegen ihres gewalttätigen Vorgehens unter anderem bei dem Hilfarbeiter Amarildo de Souza aus der Siedlung Rocinha. Die Militärpolizei hatte ihn verschleppt und mit Elektroschocks zu Tode gefoltert. Angeblich soll dieser Handlangerdienste für die Drogenmafia erledigt haben. Die Polizisten versuchten durch die Folter den Aufenthaltsort der Gangster und ihre Waffenverstecke heraus zu bekommen. Die "UPP"-Polizisten behaupten weiterhin den Mann nach der Vernehmung wieder nach Hause geschickt zu haben. Skandlös an der Sache ist, dass eine Überwachungskamera die "Vernehmung" durchgehend filmte und Amarildo nicht mehr lebendig gesichtet wurde. Der Pressesprecher der Polizei versicherte, dass die Menschen wissen, dass dies ein Einzelfall sei.

MORDRATE SINKT, SICHERHEIT STÜCK FÜR STÜCK

Rios Gouverneur Sérgio Cabral versucht die Stadt bis zu der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spielen 2016 rundum sicher zu machen. Um ein Blutbad zu vermeiden, kündigt er die Besetzungen zuvor an. Nachdem das "Complexo do Alemao", einer der größten Favela-Bereiche, vor zwei Jahren besetzt wurden, kam es zu tagelangen Schießereien. Das Gebiet wurde von der Verbrecherorganisation "Comando Vermelho" regiert, die dort ihren Hauptsitz hatte. Doch das harte Durchgreifen wirkt: Die Einführung der "Einheit der Friedenspolizei (UPP)" bewirkte einen starken Rückgang der Mordrate. Auch der Immobilien- und Touristenmarkt boomt, die Favelas sind inzwischen ein beliebtes Ausflugsziel geworden.

EINSEHEN DER MINISTER: VORBEREITUNG FÜR WM LAUFEN

Doch hinter der öffentlichen Meinung steckt die Angst der Bewohner. Die Polizisten gelten hier als Schläger und Mörder. Selbst der Sicherheitsminister Beltrame räumte ein, dass die Polizisten den Ruf von Verbrechern haben. Die Tragödie um den Hafenarbeiter Amarildo scheint noch nicht vergessen. Auch 20 weitere Favela-Bewohner sollen von den Polizisten gefoltert worden sein, ergab eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft von letzter Woche. Die Menschen vertrauen der Polizei nicht. Diese versuche eine Gewaltherrschaft zu errichten. Es gab bereits einige Korruptionsskandale, viele Kommandeure wurden abgesetzt. Eine Demilitarisierung der Polizei wird gefordert. Erste Maßnahmen, wie das Ersetzen des UPP Kommandeurs durch eine Frau, wurden getätigt. Priscilla de Oliveira steht nun vor der Aufgabe, die Drogenmafia in Zaum zu halten und gleichzeitig die ihr unterstellten Cops zu einem zivilisierten und ordnungsgemäßen Verhalten zu bewegen. Man hofft, dass die neuen Maßnahmen und die nahenden Sport-Events Ordnung nach Rio de Janeiro bringen.

Quellen: Bild, Spiegel.