Geposted 23.09.2013

#Kultur #Polen

Polen investiert in Ostfronttourismus

Schlachtfelder, Kasernen, Soldatenfriedhöfe. Auf einer neuen Themenroute können historisch interessierte Besucher Polens ab dem Sommer 2014 den Verlauf der einstigen Ostfront folgen. Die Strecke führt durch die acht zentral- und ostpolnischen Woiwodschaften Ermland-Masuren, Podlachien, Masowien, Lodscher Land, Heiligkreuz, Lubliner Land, Kleinpolen und Karpatenvorland.

Schlachtfelder, Kasernen, Soldatenfriedhöfe. Auf einer neuen Themenroute können historisch interessierte Besucher Polens ab dem Sommer 2014 den Verlauf der einstigen Ostfront folgen. Die Strecke führt durch die acht zentral- und ostpolnischen Woiwodschaften Ermland-Masuren, Podlachien, Masowien, Lodscher Land, Heiligkreuz, Lubliner Land, Kleinpolen und Karpatenvorland.

Die Woiwodschaft Lodzkie gab den Anstoß für das Projekt. Im Fokus des dortigen Trassenabschnitts steht die Schlacht um Lodsch. Vom 11. November bis 5. Dezember 1914 standen sich mehr als 500.000 deutsche und russische Soldaten im Kampf um die damalige Textilmetropole gegenüber. Die verlustreiche Schlacht endete ohne Sieger, konnte aber den erneuten Vormarsch der russischen Truppen auf Ostpreußen stoppen. Insgesamt zählen etwa 50 Objekte in der Woiwodschaft zur Ostfrontroute, darunter auch das Schlachtfeld bei Bolimów. Dort fand einer der ersten unrühmlichen Einsätze von Giftgas als Kampfstoff durch die deutschen Streitkräfte statt. Den Jahrestag des Kriegsbeginns will man in Lodsch mit einer offiziellen Feier begehen. Die Vorbereitungen finden in Zusammenarbeit mit der ebenfalls als Kriegsschauplatz bekannten französischen Stadt Verdun statt. Vorgesehen sind unter anderem historische Inszenierungen von Kampfhandlungen.

Im Karpatenvorland wurden insgesamt 40 Orte für die Trasse ausgewählt. Neben zahlreichen kleinen Soldatenfriedhöfen, Kasernen und Denkmälern gehören auch die Festungsbauten von Jaroslaw, Chodaczów und Przemysl zu den Sehenswürdigkeiten der Strecke. Besonders interessant ist das Bauwerk in Chodaczów. Es stellt eines von zwei noch erhaltenen Bahnwärterhäusern Galiziens dar, die jeweils zur Verteidigung eines Brückenkopfes befestigt und mit Gefechtsständen ausgerüstet worden waren. Über den Verlauf der Ostfrontroute im Karpatenvorland sowie historische Hintergründe informiert eine umfangreiche Internetseite. Das Portal ist auch in deutscher Sprache erreichbar und bietet außerdem Fotomaterialien sowie einen einstündigen Dokumentarfilm zur Ostfrontroute und den Kriegshandlungen mit deutschen Untertiteln.

Eines der wichtigsten strategischen Ziele der russischen Armee war das damals zum Deutschen Reich gehörende Ostpreußen. Gleich zu Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen startete die zaristische Generalität eine Offensive von Nordosten und Süden kommend. Während der sogenannten Schlacht bei Tannenberg, die Ende August 1914 in der Nähe von Hohenstein, dem heutigen Olsztynek, geführt wurde, sowie in der Schlacht an den Masurischen Seen im September 1914 schlug die deutsche Armee die russischen Truppen. Neben den Schlachtfeldern ist die historische Feste Boyen in Lötzen eine der zentralen Punkte der Ostfrontroute in Masuren. Das Bauwerk wurde 1843-1855 an einer strategischen Landenge zwischen dem Mauersee und dem Löwenthinsee errichtet und stellt den zentralen Punkt der Verteidigungslinie entlang der Masurischen Seen dar. Zur Zeit des Ersten Weltkrieges waren dort ungefähr 4.000 Soldaten stationiert. Sie verteidigten die Festung erfolgreich gegen vorrückende russische Truppen. Darüber hinaus befand sich dort eine wichtige Brieftaubenstation. Die Vögel wurden zur schnellen militärischen Nachrichtenübermittlung eingesetzt.

Auch die Gegend um Warschau war im Ersten Weltkrieg stark umkämpft. Das deutsche Heer versuchte mehrfach, die damals im russischen Teilungsgebiet gelegene Metropole einzunehmen. Im Oktober 1914 kam es zur Schlacht an der Weichsel, die zunächst mit einer Niederlage der deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen endete. Erst am 15. August 1915 wurde Warschau von deutschen Truppen eingenommen. Danach folgte die Belagerung der nördlich gelegenen Festung Modlin, einem der bedeutendsten russischen Festungsbauwerke auf dem Gebiet Polens. Die strategisch wichtige Festung liegt an der Mündung des Narew in die Weichsel. Mit der Einnahme am 19. August konnten die deutschen Truppen beide Wasserstraßen fortan für ihre Kriegsführung nutzen. Während der Zeit der Belagerung waren dort rund 90.000 russische Soldaten stationiert, von denen die meisten in deutsche Kriegsgefangenschaft kamen. Die Festung von Modlin ist bis heute gut erhalten und ein wichtiges Touristenziel in Masowien. Mit mehr als zwei Kilometern Länge gilt die Zitadelle als längstes Gebäude in Europa.

Das Ende des 1. Weltkriegs bedeutete einen Neuanfang für Polen als eigenständigen Staat. 1795 war das Land endgültig zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und dem russischen Zarenreich aufgeteilt worden, 1919 feierte es seine Wiederauferstehung. Doch nur 20 Jahre später wurde der junge Staat nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs erneut aufgeteilt, diesmal zwischen der Sowjetunion und Nazideutschland. Auch an den 75. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs erinnert man sich 2014 in Polen. Zum 70. Mal jährt sich nächstes Jahr zudem der Warschauer Aufstand der Polnischen Heimatarmee, der am 1. August 1944 begann. Erinnert wird 2014 zudem an zwei weitere bedeutende Jahrestage, die mit der jüngeren Geschichte des Landes verbunden sind. Vor 25 Jahren, am 4. Juni 1989, fanden die ersten freien Wahlen im Polen der Nachkriegszeit statt. Vor zehn Jahren, am 1. Mai 2004, wurde das Land Mitglied der Europäischen Union.

Quelle: Fremdenverkehrsamt Polen