Während des Kalten Krieges diente das Gelände der heutigen East Side Gallery als Grenzübergang, als der Zugang nach Ostdeutschland ein Privileg war, das den Westdeutschen vorbehalten war. Dieser Abschnitt diente im Wesentlichen als innere Barriere, als zusätzlicher Schutz, um fliehende Ostdeutsche aufzuhalten, bevor sie den gefürchteten "Todesstreifen" überquerten, ein gefährliches Niemandsland, in dem die Wachleute ohne zu zögern das Feuer eröffnen durften.
Die seismischen Wellen der friedlichen Revolution von 1989 führten zum Abbau eines Großteils der Berliner Mauer, doch ein Abschnitt blieb bestehen und kristallisierte ihren historischen Kern heraus. Im darauf folgenden Jahr fand an der Ostseite dieses verbliebenen Mauerstücks ein außergewöhnliches Ereignis statt: Mehr als 100 Künstler aus 21 Nationen trafen sich zu einer ikonischen Malsitzung. So entstand die East Side Gallery, eine lebendige Leinwand, die später von den örtlichen Behörden den Status eines offiziellen Denkmals erhalten sollte.
Einige der berühmtesten Wandgemälde der Gallery sind für immer in die Geschichte und die Populärkultur eingegangen. So zum Beispiel Birgit Kinders "Taste the Rest", das ein durch die Wand fahrendes Trabi-Auto zeigt, oder Dmitri Vrubels "Mein Gott, hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben", das den ostdeutschen Staatschef Erich Honecker und die sowjetische Ikone Leonid Breschnew bei einer unwahrscheinlichen brüderlichen Umarmung zeigt. Ein weiteres beeindruckendes Werk ist der "Abstecher in den japanischen Sektor" des ostdeutschen Künstlers Thomas Klingenstein, eine eindrucksvolle Darstellung der japanischen Landschaft, die den Bürgern der DDR verboten war.
Doch die Zeit hat ihren Tribut gefordert. Im Jahr 2009 wurde die Galerie einer umstrittenen Restaurierung unterzogen, da die Wand durch Witterungseinflüsse und Spuren von Touristen in Mitleidenschaft gezogen worden war. Dabei wurden mehrere Wandmalereien entfernt, was Künstler dazu ermutigte, sich an der Übermalung zu beteiligen, um die sich ständig verändernde Natur dieser lebendigen historischen Leinwand zu verdeutlichen.