Die taiwanische Marionettenkunst gehört zu den berühmtesten der Welt und vereint die Finesse der traditionnellen Gewänder und Fingerfertigkeit mit sorgfältig ausgewählten Dialogen. Marionettenspieler müssen sehr vielseitig sein: Natürlich bewegt er die Marionetten mit großem Geschick, aber das ist nur die Spitze des Eisbergs! Er schnitzt seine Marionetten aus dem Holz des Kampferbaums, näht die Seidengewänder, schreibt die Geschichten und spielt die Musik (Gong, Trommel, chinesische Zweisaitengeige oder Trompete) dazu, ein wahrer Künstler! Um die Marionettenkunst zu beherrschen benötigt man viele Jahre, für einige besondere Techniken bis zu 20 Jahre. Ein Marionettenspieler muss täglich trainieren und seine schmerzenden Finger ertragen!

Zunächst stellten die Puppen Gottheiten dar, daraus entstanden nach und nach die Marionetten. Das Marionettenspiel war als populäre Straßenkunst häufig die Hauptattraktion während eines Festes. Die Marionettenspieler reisten mit ihrem prall gefüllten Koffer von Dorf zu Dorf und errichteten jedesmal ein wahres Miniaturtheater.
Nichts wird dem Zufall überlassen: Gewänder, Farben und Formen haben eine ganz bestimmte Bedeutung und eine Person erkennt man auf den ersten Blick (Held, Bösewicht, Gespenst, verheiratete Frau, usw...). Der Marionettenspieler steht hinter einem Kasten (kleines Marionettentheater) und bewegt seine Marionetten ohne zu sehen, was sie tun. Im Marionettenmuseum in der Di Hua Street bekommt man eine Vorstellung davon, wie schwierig das ist. Versuchen Sie eine Marionette zu bewegen und Sie werden verstehen, wie schwierig es ist, diese kleinen Persönlichkeiten zum Leben zu erwecken! Und doch werden die Marionetten von ihren Meistern brilliant manövriert!

Die Musik ist integraler Teil des Spektakels und es gibt sogar einen kleinen Dirigenten. Im Film ?Meister des Puppenspiels? des taiwanischen Regisseurs Hsou Hsiao-Hsien aus dem Jahr 1993, wurde die Geschichte von Li Tien-Lu und seiner Marionettenkunst auf Trommeln oder Gongs unsterblich gemacht und auf dem Filmfestival von Cannes präsentiert. Ein anderer großer taiwanischer Meister, Huang Hai-tai, bringt moderne Einflüsse in sein innovatives Marionettenkonzept: Spezialeffekte, Saxophon und elektrisches Klavier bringen frischen Wind. Einer der populärsten Fernsehsender sendet sogar tradionelles Marionettentheater als Kampfkunst, Science-Fiction oder in Kindersendungen.